Bei Maurice Ravel ist vieles möglich: rokokohafte Verspieltheit, athletisch-sportive Virtuosität, demonstrative Kühle. Seine Kunst besteht im richtigen Maß an Feinheit, Freiheit und Klang-Sinnlichkeit. Insofern setzt Seong-Jin Cho mit seiner Gesamteinspielung von Ravels Klavierwerken ein Ausrufezeichen. Sein Spiel besitzt die nötige Straffheit, aber auch den nötigen Atem. Das Finale der Sonatine etwa ist keine schnurrende Etüde, die „Barque“ in „Miroirs“ gelingt klangmalerisch sehr fein, in der Mitte sehr wohl energisch, die düster-monotone Atmosphäre von „Le Gibet“ in „Gaspard“ wirkt bedrückend, aber nicht schwarz. „Scarbo“ tänzelt wirsch, wenngleich (bewusst?) nicht so überschlagend-überschäumend wie in einigen anderen Darstellungen. Die „Valses“ erweisen sich als subtile Miniaturen, „Le Tombeau de Couperin“ ist durchzogen von einer sanften Melancholie. Ein schlüssiger, überzeugender Zyklus.
![Seong-Jin Cho](https://www.concerti.de/wp-content/uploads/2025/02/seong-jin-cho-c-ben-wolf-dg-1408x1150.jpg)
Ravel: Sämtliche Solo-Klavierwerke
Seong-Jin Cho (Klavier)
Deutsche Grammophon