Das Schleswig-Holstein Musik Festival ist heute eine feste Größe im Reigen der internationalen Sommerfestivals. Aus Anlass des 100. Geburtstags von Leonard Bernstein erinnert jetzt ein neues Fotobuch mit dem Titel „I fell in love with Schleswig-Holstein“ an die Rolle, die der legendäre Komponist, Dirigent und Lehrer in den Anfängen des Festivals im „Land zwischen den Meeren“ gespielt hat. Als Dirigent und als inspirierender Gründer der Orchesterakademie für junge Talente und des daraus hervorgegangenen Schleswig-Holstein Festival Orchestra, das bis heute besteht. Herausgegeben haben die Publikation Bernsteins Sohn Alexander und Christian Kuhnt, der aktuelle Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Der schmale, großformatige Bildband beleuchtet die ersten vier Jahre des Festivals seit seiner Gründung, von 1985 bis 1989, ein Jahr vor Bernsteins Tod.
„I fell in love with Schleswig-Holstein“
Charmant ist der persönlich gehaltene Ton in den prägnanten, informativen Begleittexten der Herausgeber sowie von Bernsteins letztem persönlichen Assistenten Craig Urquhart und vom Gründungsintendanten Justus Frantz. Abgerundet werden die Informationen mit einer kurzen Auflistung zu Bernsteins Biografie und einer Chronik seiner Auftritte beim Festival. Die überwiegend in Schwarz-Weiß gehaltenen Fotos sind klar chronologisch gegliedert und großzügig arrangiert. So macht es Lust, näher hinzuschauen: Man sieht Altkanzler Helmut Schmidt und seine Gattin Loki, die mit Bernstein befreundet waren und zusammen mit Justus Frantz den international gefragten Star für das damals noch völlig neue Musikfestival in Schleswig-Holstein begeistern konnten. Bernstein ist mit Vertretern der damaligen Landes- und Bundespolitik zu sehen und mit Musikerkollegen wie Yehudi Menuhin, Lucia Popp oder Kurt Moll. Oft auch mit der Familie zu Reventlow, in deren Gutshaus Bernstein während seiner Wochen in Norddeutschland wohnte, und „die ihm zu seiner deutschen Familie wurde“, wie Craig Urquhart im Buch betont.
Private Momentaufnahmen Bernsteins
Neben den Aufnahmen am Dirigierpult bei Konzerten und Proben sowie bei offiziellen Empfängen präsentiert der Band eine ganze Reihe privater Momente: Bernstein beim Partiturstudium, beim Frühstück, beim Karpfenfischen, auf Segeltörn. In vielen Abbildungen fehlt die unvermeidliche Zigarette nicht, auch ist mal das Whiskyglas zu sehen. Was auch deutlich wird, gerade in Szenen aus der Freizeit: der 70-jährige Bernstein wirkt zuweilen abgespannt, müde, fahrig. Aber er blüht offenkundig auf und gewinnt die alte Spannkraft, sobald er sich mit Musik beschäftigt, am Klavier im privaten Kreis, beim Dirigieren und vor allem im Kontakt mit den Schülern der Festivalakademie. Somit kommt dieser Fotoband diesem Ausnahmekünstler sehr nah und zeigt ein differenziertes Bild des späten Bernstein.