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100. Todestag von Gabriel Fauré

Ein früher Impressionist der leisen Töne

Auch einhundert Jahre nach seinem Tod steht Gabriel Faurés Schaffen noch im Schatten großer französischer Romantiker.

vonChristian Schmidt,

Allzu große Skandale blieben ihm erspart: Als Gabriel Fauré heute vor hundert Jahren in Paris an einer Lungenentzündung starb, hatte der fast Achtzigjährige das Meiste erreicht, was er zu erreichen gedachte, ohne als Enfant terrible in die Annalen der Musikgeschichte eingegangen zu sein. Über das Requiem, nahezu sein einziges Stück größer angelegten Charakters, schrieb er an den Violinvirtuosen Eugène Ysaÿe: „Es ist von sanftem Charakter, so wie ich selbst.“

In der Tat gehörte der früh ergraute Herr mit dem gütigen Gesicht und dem charakteristischen Schnauzbart auch dann noch zur großen Musikfamilie, als er sich um die Jahrhundertwende als Mittfünfziger in eine über dreißig Jahre jüngere Pianistin verliebte und dieses Verhältnis bis zu seinem Tod aufrechterhielt.

Tastenlöwe und Improvisationswunder

Es scheint, als wäre der Südfranzose aus einem kleinen Pyrenäendorf immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, ohne sich in höchstfliegenden künstlerischen Ambitionen zu verirren. Weil der Knabe früh Talent zeigte, nahm ihn Camille Saint-Saëns als Sechzehnjährigen unter seine Fittiche und führte ihn wenig später in die Pariser Salons ein. Hier schindete Gabriel Fauré als Tastenlöwe und Improvisationswunder Eindruck. Zugleich machte ihn aber seine angenehm zurückhaltende Art zu einem wohlgelittenen Gesellschafter.

Hatte er bereits in seiner Heimat mit dem Ziel einer Kirchenmusikkarriere mit dem Orgelspiel begonnen, wurde er 1896 an der Pariser Pfarrkirche La Madeleine, wo er schon seit 1874 Stellvertreter von Saint-Saëns gewesen war, zum Titularorganisten berufen – eine bessere Stelle kann man auch heute noch in Frankreich kaum bekommen. Und doch verließ er sie wieder, um als Nachfolger von Jules Massenet Direktor des Konservatoriums zu werden – eine Ernennung, die ihm die frühe Ertaubung allerdings verkürzte.

Delikate Tonsprache

Entsprechend wenig Zeit blieb Gabriel Fauré zum Komponieren. Wie sein Wesen waren auch seine Kompositionen fein und von leisen Tönen geprägt; große Orchesterwerke gibt es praktisch nicht. Dafür gilt Faurés Liedschaffen bis heute als dem von Claude Debussy gleichrangig, und seine vielfältigen kammermusikalischen Werke wurden insbesondere in England sehr geschätzt. Für die Oper konnte er sich daher auch nur wenig erwärmen: Als einzige hat sich die Homer-Adaption „Pénélope“ gehalten, für deren Komposition Fauré fünf Jahre brauchte. Ein Dauerbrenner ist das Stück aber nicht gerade, auch nicht auf französischen Spielplänen.

Das mag daran liegen, dass Faurés Schaffen zwischen den großen französischen Romantikern und den Impressionisten bis heute ein wenig untergeht, eben weil es auch relativ klein blieb. Nichtsdestoweniger ist gerade die Poesie seiner Tonsprache, die mit ihren harmonischen Grenzgängen weit auf den Impressionismus hinausweist, so delikat, dass ihm eine höhere Wertschätzung und Wiederentdeckung seiner Musik zu wünschen wäre.






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