Wenn Zeichentrickfilme von Disney für die Musicalbühne adaptiert werden, sind die Inszenierungen vor allem eins: bunt. Das bewiesen in Deutschland bereits unter anderem Produktionen wie „Der König der Löwen“, „Die Schöne und das Biest“, „Tarzan“ und zuletzt „Der Glöckner von Notre Dame“. „Aladdin“, das 2015 nach Hamburg geholt wurde, um dort seine Deutschlandpremiere zu feiern, bildet da keine Ausnahme. Die ebenso farbenfrohen wie knappen und sehr figurbetonten Kostüme schmiegen sich in die glitzernden und funkelnden Prospekte und Kulissen ein, die aufwendig und perfekt getimt runter und rauf und rein und raus gefahren werden. Spektakulärere Bühnen- und Kostümwechsel gibt es in Deutschland derzeit nicht zu sehen.
Überhaupt: die Technik! In Höchstgeschwindigkeit formt sich die Wunderlampenhöhle, wird der Palast dekonstruiert, während mit der Pyrotechnik ebenso wenig gegeizt wird wie mit kleinen und großen Zaubertricks, die auch mal Glitzerschlangen über den Köpfen des Publikums regnen lassen. Und dann erst der Technikhöhepunkt in Form des fliegenden Teppichs, der besonders schön durch den tausendfach funkelnden LED-Sternenhimmel zur Geltung kommt!
„Aladdin“: Aufwand in Perfektion
Bei diesem technischen Großaufgebot stört auch gar nicht die familientaugliche, aber seichte Geschichte rund um den Straßenbengel Aladdin, der sich in die Prinzessin Jasmin verliebt und dank Wunderlampe samt darin wohnendem Dschinnn namens Dschinni trotz der intriganten Fallen des machtgierigen Dschafar letztlich ein Happy End mit Hochzeit feiern kann. Aber um Tiefgang geht es in diesem Musical von Chad Beguelin und Disneys Haus- und Hofkomponist Alan Menken auch gar nicht. „Aladdin“ soll unterhalten. Und das tut es dank des Aufwands in Perfektion.
Dafür sorgen nicht zuletzt auch die vielen großen und unterschiedlichen Ensembleszenen, die bezaubernd synchron von der Cast dargeboten werden. Überraschend ist lediglich, wie blass die Hauptfiguren wirken. Myrthes Monteiro gibt zwar eine bezaubernd entrüstete Prinzessin Jasmin ab, doch der Rest ihrer Darstellung verschwindet hinter einem künstlichen Dauerlächeln. Auch Alessio Impedovo als alternierender Aladdin wirkt gesanglich wie darstellerisch recht fad und farblos. Allein in den Szenen mit Kristofer Weinstein-Storey als Dschinni bekommt er etwas Kontur.
Dschinni übertrifft alle
Aber Weinstein-Storey ist ohnehin der Star des Abends. Der ehemalige Profitänzer, der nur durch Zufall zum Musical kam, singt und spielt mit seiner schier grenzenlosen Bühnenpräsenz seine Kollegen in Grund und Boden. Auch das Publikum wippt und klatscht begeistert mit, wenn er über die Bühne wirbelt und seine hyperaktiven, aber keinesfalls nervigen Gags und Wortwitze abfeuert.
Weinstein-Storey bietet einen Hochgenuss an Unterhaltung, dem nur das Duo Jochen Schmidtke als alternierender Dschafar und Eric Minsk als dessen Gehilfe Jago etwas entgegenzusetzen haben, wenn sie sich schurkisch mit großer Spielfreude durch ihre Intrigen spinnen und mit großer Dramatik an ihren eigenen Ambitionen scheitern.
Unterhaltung auf sehr hohem Niveau
Trotz der ebenso gesanglichen wie darstellerischen Unterschiede im Ensemble wird „Aladdin“ dank der großartigen Ausstattung von Bob Crowley und Gregg Barnes, dem Lichtdesign von Natasha Katz und den flotten Menken-Melodien in Form gehalten. Was bleibt, ist Unterhaltung auf sehr hohem Niveau. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Trailer zu „Aladdin“:
Stage Theater Neue Flora
Menken und Beguelin: Aladdin
Mitwirkende: Klaus Wilhelm (musikalische Leitung), Myrthes Monteiro, Alessio Impedovo, Kristofer Weinstein-Storey, Jochen Schmidtke, Eric Minsk u.a.
Weitere Termine: Täglich außer montags bis Ende 2018