Alles Wesentliche, was ein Musiker in künstlerischer Hinsicht lernt, lernt er durch andere Menschen, durch starke Persönlichkeiten, die bedingungslos ihren eigenen Weg gehen. Diese Erkenntnis schwingt auf jeder der rund 200 Seiten mit, auf denen Kent Nagano seine „10 Lessons of My Life“ mitteilt – zehn prägende „Lektionen“, die der US-amerikanische Dirigent im Umgang mit anderen Musikern gelernt hat.
Als junger Assistent von Sarah Cadwell wurde er mit dem unermüdlichen Arbeitseifer der Gründerin der Boston Opera Group konfrontiert. Leonard Bernstein brachte ihm bei, jede einzelne Note immer wieder aufs Neue akribisch zu hinterfragen. Als Schüler der Pianistin Yvonne Loriod widmete Nagano sich dem intensiven Studium der Werke ihres Ehemanns Olivier Messiaen, während Alfred Brendel ihm offenbarte, wie ein Interpret durch die wiederholte Beschäftigung mit ein und demselben Komponisten seine Arbeit zu seiner persönlichen Entwicklung in Beziehung setzt.
Zusammenarbeit mit musikalischen Grenzgängern
Aber auch musikalischen Grenzgängern wie Frank Zappa und Björk, mit denen Nagano zusammengearbeitet hat, sind eigene Kapitel gewidmet. So wirft der gegenwärtige Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper, der im November seinen 70. Geburtstag feierte, zehn aus der persönlichen Begegnung erwachsene Schlaglichter auf teils sehr unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten. Über die erfährt man auf diese Weise mehr als über Nagano selbst, der mit dieser autobiografischen Form Bescheidenheit übt – und sich lediglich im Spiegel der anderen betrachtet.