Die Schicksalsgöttin wird mit chorischer Wucht angerufen, der Frühling in seiner alles erneuernden Kraft beschworen, und auch die weltlichen Genüsse, die Liebe und Erotik kommen in den „Carmina Burana“ nicht zu kurz. In den mittelalterlichen Liedtexten pulsiert das Leben – und es darf sogar geschmunzelt werden, wenn der über dem Feuer gegrillte Schwan zu einem herzerweichenden Klagegesang anhebt. Fragt sich nur, ob man dieser Fülle des Ausdrucks, die Carl Orff in seiner auf besagten Texten basierenden szenischen Kantate klanglich überschwänglich feiert, mit der guten alten Quetschkommode beikommen kann.
Mit Vereinten Kräften
Adressiert man diese Frage an das Akkordeonorchester Euphonia, erübrigt sie sich damit aber auch schon. Seit mehr als 35 Jahren brechen die rund zwanzig Instrumentalisten des in Berlin ansässigen Ensembles mit dem Gemeinplatz, die Ziehharmonika tauge nur für musikalische Erheiterung im maritimen Umfeld. Bearbeitungen klassischer Werke finden sich im Repertoire des Orchesters ebenso wieder wie Neukompositionen, die die enorme Klangvielfalt des Instruments unterstreichen. Für die Aufführung der „Carmina Burana“ bringt Dirigent Philipp Höning seine beiden Orchester zusammen: Euphonia und das mit jungen Musikerinnen und Musikern besetzte AccordiOona-Orchestra Berlin. So stehen dem Chor der Medizinischen Fakultät Halle vierzig Akkordeons zur Seite. Da brat’ mit doch einer ’nen Schwan!