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Chordirigenten fordern, die Privatisierung des NDR Chors zu überdenken

„Es droht ein gewaltiger Qualitätsverlust“

In einem offenen Brief wenden sich sechzehn namhafte Chordirigenten an den NDR, der im Rahmen von Sparmaßnahmen eine „kalte Abwicklung“ seines Chors plant.

vonSören Ingwersen,

Von allen Musikergruppierungen trifft es die Chöre in der Coronazeit am härtesten. Proben und Auftritte sind nur sehr begrenzt möglich, weil die Aerosole beim Singen angeblich besonders weit streuen und viele Mitglieder aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe gehören. Dass der NDR ausgerechnet jetzt, wo viele Laienchöre ums Überleben kämpfen, bei seinem eigenen Profichor den Sparstift ansetzt, ist ein falsches Zeichen zur falschen Zeit – und ein Armutszeugnis für die Musikstadt Hamburg.

Bereits am 6. August starteten die Sängerinnen und Sänger des NDR Chors unter Federführung der Deutschen Orchestervereinigung mit einem Happening vor der Elbphilharmonie eine mehrwöchige Protestaktion gegen die geplante Privatisierung des Klangkörpers. Nun haben sich sechszehn namhafte europäische Chordirigenten in einem offenen Brief  an den NDR gewandt, mit der Bitte, „die Umstrukturierung des Chores neu zu überdenken“.

Das Beispiel könnte Schule machen

Nach den Plänen des NDR soll der Chor schrittweise in eine privat geführte GmbH umgewandelt werden. Freiwerdende Stellen würden dann nicht neu besetzt, sondern durch freischaffende Sängerinnen und Sänger ersetzt, die nur auf 50-Prozent-Basis beschäftigt würden und jederzeit entlassen werden könnten. Im Zuge dieses Umwandlungsprozesses sollen die derzeit 27 Stellen (23 sind momentan besetzt) auf 18 reduziert werden. Damit wäre nicht nur das Profil und die Qualität des einzigen professionellen Chors in Norddeutschland gefährdet, sondern auch dessen Attraktivität für den professionellen Chornachwuchs. Das Schreiben hebt die unverzichtbare Rolle des Ensembles für das gesamte Sendegebiet hervor – auch durch seine intensive pädagogische Arbeit. Zudem könne die chorsinfonische Aufführungspraxis auf professionellem Niveau mit einer kleineren und flexiblen Besetzung nicht mehr gewährleistet werden. Die Unterzeichner des Briefes befürchten darüber hinaus, dass das Beispiel Schule machen könne: Wenn auch die Rundfunkchöre von München, Stuttgart, Köln, Leipzig oder Berlin, die zusammen mit dem NDR Chor an der Spitze einer weltweit einzigartigen Chorlandschaft stünden, nach Hamburger Vorbild den Rotstift ansetzten, drohe „ein gewaltiger Qualitätsverlust für das deutsche Chorwesen.“

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