Zu meinen absoluten Lieblings-Alben in allen Lebenslagen gehört der „Viaggio Musicale“, die musikalische Reise, die das Ensemble Il Giardino Armonico vor inzwischen zwanzig Jahren „unternommen“ hat. Es ist eine Reise in das nördliche Italien des 17. Jahrhunderts. In dieser Zeit gediehen in Städten wie Cremona, Venedig und Bologna Geigenbau, Notendruck und kulturelles Leben. Claudio Monteverdi, der berühmteste Komponist auf diesem Album, gesellt sich zu weniger bekannten Kollegen. Dario Castello oder Francesco Rognoni beweisen in ihren Sonaten und Toccaten, dass sie zu Unrecht im Schatten der großen Barockmeister stehen.
Die musikalischen Strukturen der Barockmusik vermitteln mir Halt. Das brauche ich in diesen ungewissen Zeiten gerade mehr als schwelgerische Melodien oder dissonante Spaltklänge, die ich sonst auch sehr reizvoll finde. Gleichzeitig offenbart das Album eine der großen Tugenden der Zeit: die Improvisation. Alle Musiker um den Flötisten Giovanni Antonini beweisen Spiellust, Maß und Kreativität auf ihren Instrumenten. Die Virtuosität vermittelt mir Freiheit und Leichtigkeit. Das Album ist so zusammengestellt, dass sich sanfte Melancholie mit energiegeladener Aktion abwechselt. Ich finde in einem Stück Trost und Zuversicht, das nächste stimuliert meinen Impuls, die Situation zu gestalten. Die entspannte Grundstimmung hilft mir, gelassen zu bleiben – gerade wenn ein schräger Vorhalt in die erwartete Harmonie mündet. Dann spüre ich, dass es nach der Klippe wieder ruhiger weitergeht.