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Fußball-WM Spezial: Nationalhymnen

Von schweigsam bis inbrünstig

Von keinem Text bis zur viersprachigen Version – die Nationalhymnen fordern den Spielern bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland so einiges ab

vonJohann Buddecke,

„Einigkeit und Recht und Freiheit…“ bis hierhin ist zumindest alles klar, wenn die deutsche Nationalelf vor Anpfiff eines Weltmeisterschaftsspiels, Arm in Arm den Blick in eine Richtung gerichtet ihren erwartungsvollen Fans gegenüber steht und mal aus voller Kehle, teilweise peinlich berührt und vereinzelnd den gesanglichen Teil ganz verweigernd die Hymne ihrer Nation singt … oder auch nicht. Wie es um die gesanglichen Talente „unserer“ Spieler bestimmt ist, ist nicht genau erwiesen, sei es ihnen jedoch verziehen, wenn sich die elf durchtrainierten Herren im Vorwege der WM eher dem Fußball statt dem Chorgesang gewidmet haben – ein kurzer Blick auf die dritte Strophe des „Liedes der Deutschen“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben wäre jedoch dennoch empfehlenswert, lässt die Synchronizität von Lippenbewegungen und Playback doch mitunter den einen oder anderen musikaffinen Fußballkenner an der Textsicherheit „seiner Jungs“ zweifeln.

"Das Lied der Deutschen" von Hoffmann von Fallersleben, 3. Strophe des Manuskripts
„Das Lied der Deutschen“ von Hoffmann von Fallersleben, 3. Strophe des Manuskripts © gemeinfrei

Singen in der Totale: Nationalhymnen vor dem Anpfiff

Dass die Fernsehkameras jeden Spieler einzeln beim musischen Teil der Fußball-Veranstaltung in der Totale abfilmt, mag für so manchen erschwerend hinzukommen, sind die elf Spieler doch darauf getrimmt neunzig Minuten sportliche Höchstleistung zu vollbringen, statt formvollendet Joseph Haydns Kaiserliedmelodie zu intonieren. Da hat es die spanische Nationalelf schon einfacher oder gar einen Vorteil – müssen sie sich im Vorwege der WM nicht mit dem lästigen Auswendiglernen des Textes aufhalten, denn ihre Hymne ist elegant textlos. Obendrein bleibt dabei auch mehr Zeit fürs Training, denn das Mitsummen der Melodie ist auch in der Bildtotale nicht übertragbar, was wiederum garantiert eine gute Performance vor dem Anpfiff ermöglicht.

Gänzlich andere audiovisuelle Erfahrungen macht der musikbegeisterte Fußballfan normalerweise beim Einschalten einer Partie mit Beteiligung Italiens. Mit leidenschaftlicher Hingabe wird da eigentlich die Hymne „Il Canto degli Italiani“ geschmettert, als wäre der gemeinsame Gesang oberste Trainingsdisziplin gewesen. Da sich Italien jedoch in diesem Jahr nicht qualifiziert hat, genügt ein Blick auf den traditionell fußballbegeisterten Süden Amerikas, deren Mannschaften dem passionierten Intonieren ihrer Nationalhymnen den Italienern in nichts nachstehen.

Und plötzlich musste (wieder) gesungen werden

Wirklich schwieriger haben es da die Spieler und Fans der Mannschaft Saudi-Arabiens, bei deren leidenschaftlicher Melodie „as-salām al-malakī“ für viele Jahre – ganz im Stile Spaniens – geschwiegen wurde und erst seit 1984 offiziell mit dem heutigen Text von Ibrahim Chafadschi wieder gesungen wird. Auch den Russen ist in der Vergangenheit einiges textlich zugemutet worden, in diesem Fall jedoch auf Drängen der Sportler selbst. So war nach dem Zerfall der Sowjetunion deren Hymne durch das textlose „Patriotische Lied“ Michail Glinkas ersetzt worden. Da die russischen Sportler jedoch ihre Sangeskünste bei Wettkämpfen höchstpersönlich beim Präsidenten einforderten, ordnete Wladimir Putin – ohnehin ein leidenschaftlicher Sänger seiner Landeshymne – an, die alte Hymne mit neuem Text zu versehen – ein bisschen Nostalgie ist bei Nationalhymnen schließlich immer im Spiel.

Am kompliziertesten und dabei im Hinblick auf die Mannschafts-Performance vor dem Anpfiff am einfachsten haben es die Schweizer, deren Spieler sich zwischen einer der vier Landessprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch bei der Interpretation ihres „Schweizerpsalm“ entscheiden können. Alle vier Versionen sind offiziell als Hymnentexte anerkannt. Entsprechend leicht haben es da auch die Spieler bei der Fernsehübertragung – jeder singt einfach den Text, der ihm am meisten liegt. Und das aus voller Kehle … oder eben nicht.

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