Hanns Eisler gilt es noch immer zu entdecken, vor allem im Westen der Bundesrepublik. Kalter Krieg und Blockbildung hatten schließlich auch in der Musik ihre Nachwirkungen. In seinen späten Jahren war Eisler bekannt als promimenter Staatskünstler der DDR, aus dessen Feder sogar die Nationalhymne stammte. Davor aber lagen lange Jahre des Exils mit Verfolgungen, ständigen Ortswechseln und Entbehrungen.
Rastlose Odyssee
Eisler, 1898 in Leipzig geboren, in Wien Schüler von Arnold Schönberg, schreibt ab Mitte der 1920er-Jahre in Berlin politische Chorwerke für die Arbeiterbewegung sowie „Kampflieder“, wie er sie nennt, und arbeitet mit Bertolt Brecht zusammen. Nach der Machtergreifung der Nazis 1933 ist Eisler als Jude, Neutöner und Linker dreifach in Gefahr. Ihm bleibt nur die Flucht, die zu einer regelrechten Odyssee wird: Wien, New York, Fünen in Dänemark, Straßburg, Liberec in Nordböhmen, Moskau und Prag sind nur einige der Stationen der Emigration.
1937 ist Eisler bei der spanischen Volksfront, 1938 erneut in den USA mit einem befristeten Besuchervisum. Zwischenzeitlich geht er nach Mexiko, danach lebt er eine Zeit lang illegal in den USA, bis er eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Als Kommunist wird er von den US-Behörden beschattet und 1948 des Landes verwiesen. Angesichts dieser rastlosen Ortswechsel ist es umso beeindruckender, wie viele Werke in der Zeit entstanden und wie vielschichtig sie sind.
Hanns Eisler als Stimme der Verfolgten
Einige der Kompositionen aus der Exilzeit stehen auch auf dem Programm des Eisler-Wochenendes in der Elbphiharmonie. Etwa sein Hollywooder Liederbuch, interpretiert von Matthias Goerne, und die Deutsche Sinfonie, ein großangelegtes Chor-Orchester-Werk in elf Sätzen auf Texte von Bertolt Brecht und Ignazio Silone, geschrieben als „Werk des Widerstands“, so Eisler. Während die Nazis Tod, Verderben und Krieg über Europa brachten, gab der Komponist in der Deutschen Sinfonie den Menschen im Untergrund, in den Konzentrationslagern und im Exil eine Stimme.
Ebenfalls auf dem Programm steht seine Klaviersonate Nr. 1 aus dem Jahr 1923, als er bei Schönberg studierte. Zudem erklingt das aus Eislers Sicht beste seiner Kammerwerke überhaupt, die in New York entstandene Filmmusikstudie 14 Arten, den Regen zu beschreiben, gewidmet Arnold Schönberg. Offenbar auch ein Zeichen der Versöhnung, denn mit seinem alten Lehrer gab es seit den 1920er-Jahren heftige Differenzen: Eisler fand den hohen Kunstanspruch der Reihentechnik zu elitär und abgezirkelt, Schönberg betrachtete Eislers politisch engagierte Musik als Anbiederung an einen Massengeschmack.