Schon im Alter von zwei Jahren will Simone Lamsma für sich entschieden haben, Geigerin zu werden – mit fünf begann sie tatsächlich auf der Violine zu üben. Heute, ein Studium an der Yehudi Menuhin School in London und zahlreiche Wettbewerbssiege später, ist die 38-jährige Niederländerin mit einem überwältigenden Repertoire von einigen Dutzend Solokonzerten ein gern gesehener Gast auf zahlreichen Konzertpodien weltweit. Zum wiederholten Male kommt sie nun in die Matinée-Reihe des MDR-Sinfonieorchesters und spielt hier eines der erschütterndsten Violinkonzerte des 20. Jahrhunderts: Benjamin Brittens Solowerk von 1939, kurz nach der Flucht des erklärten Pazifisten nach Amerika.
Das Programm beweist, dass das Klischee, britische Musikkultur speise sich vor allem aus Importen, längst überholt ist: Der amerikanische Dirigent Robert Trevino stellt neben Brittens beklemmenden Anklang des Krieges auch die erste Sinfonie von William Walton vor, dessen Musik zwar selbst auf der Insel noch ein wenig reifen muss, ehe sie zum gültigen Standardrepertoire gezählt werden kann, aber immerhin schon zu Lebzeiten des hochdekorierten Komponisten ihren Weg auch auf den Kontinent fand. Waltons sinfonischer Erstling, Anfang der 1930er-Jahre entstanden, wurde jedenfalls ebenso als Antizipation des Kriegsausbruchs verstanden, und Musik gegen die wohl unsinnigste menschliche Erfindung kann man in diesen Tagen kaum genug hören.