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Mein Weg zur Chorleitung Teil 1

Singt mit mir!

Zwölf Chorleiterinnen und Chorleiter erzählen von ihrem Weg ins berufliche Glück. Im ersten Teil berichten Friedemann Johannes Wieland, Jana Hellem und Hans Thiemann.

vonRedaktion,

So verschieden die Chöre sind, so mannigfaltig sind auch die Werdegänge ihrer Dirigenten. Im ersten Teil unserer Serie „Mein Weg zur Chorleitung“ stellen Ihnen Friedemann Johannes Wieland, Jana Hellem und Hans Tiemann ihren ganz persönlichen Weg zu ihrem Traumberuf vor.

Friedemann Johannes Wieland

Kantor am Ulmer Münster

Friedemann Johannes Wieland
Friedemann Johannes Wieland

Mich hat als Jugendlicher zunächst die Orgel in ihren Bann gezogen, so dass ich rasch zur Kirchenmusik gekommen bin und in meiner Heimat dann auch kleinere Kirchenchöre geleitet habe. Mit achtzehn absolvierte ich eine Ausbildung zum nebenberuflichen Kirchenmusiker, dann folgte in Esslingen und Lübeck ein Kirchenmusikstudium. Auf das sogenannte A-Examen folgte ein Referendariat in der Württembergischen Landeskirche. Obwohl ich es reizvoll finde, selbstgesteckte künstlerische Ziele an der Orgel alleine zu realisieren und als Kantor am Ulmer Münster eigene Konzerte zu spielen, liegt ein großer Schwerpunkt auf der Chorarbeit.

Mich fasziniert der gemeinsame Entwicklungs­prozess vom Kennenlernen der Töne über die gestalterische Arbeit hin zur gelingenden Aufführung. Als Chorleiter gebe ich meine klangliche Handschrift weiter: rund, warm und mit einer gut austarierten Balance zwischen den Stimmen. Vor meiner Ulmer Zeit war ich ein Jahr in Celle und achteinhalb Jahre in Rendsburg tätig.

Mit dem Motettenchor der Münsterkantorei erarbeite ich wöchentlich von der ersten Note an vor allem große Oratorien und die romantische Chorsinfonik. Mit dem Vokal­ensemble kann ich in Projekten filigrane Werke wie Monteverdis Marienvesper ideal gestalten. Das Ulmer Münster macht uns mit Chorraum und Hauptschiff zudem zwei unterschiedliche Klangangebote, auf die ich in der Vorbereitung mit den Sängern individuell eingehen muss. Das ist für alle ein attraktives Ambiente.

Jana Hellem

Chorleiterin von »Thonkunst«

Jana Hellem und Ensemble
Jana Hellem (rechts) und Ensemble

Ich bin seit 1998 Gruppenleiterin einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Leipzig. Ungefähr im Jahr 2000 hatte ich zusammen mit einem Kollegen die Idee, dass wir als begleitendes Angebot für die Werkstattgruppe eine Musikgruppe aufmachen. Er spielte Keyboard und ich Gitarre, dazu wurde gesungen. Schnell wurde klar: Da geht mehr als ein einfacher Kanon, und wir stimmten Bach-Choräle an. 2008 hat sich dann die inklusive Gruppe aus neun Aktiven formiert. Sie nennt sich „Thonkunst“, weil wir uns im Leipziger Stadtteil Thonberg treffen. Da ich ein bisschen Chorerfahrung als aktive Sängerin hatte, wurde mir die Rolle der Leitung zuteil, aber ich stehe nicht vorne und dirigiere.

Ich singe mit, gebe die Töne von der Seite an und kontrolliere das Metrum. Auch das Repertoire suche ich aus. Wir steigern uns stetig im Niveau und singen manchmal auch sechsstimmig. Mittlerweile besuche ich die Chorleiterseminare vom Sächsischen Chorverband, das unterstützt mich über das „learning by doing“ hinaus.

Einige Ensemblemitglieder haben körperliche Beeinträchtigungen oder Schwierigkeiten mit der zeitlichen Orientierung. Bei Konzert­auftritten brauchen wir daher besondere Bedingungen, auch der Fürsorge-Anteil ist größer. In der Musik hört man diese Hürden aber nicht. Sie erleben in der Musik eine besondere Wertschätzung über das Handicap hinaus. Im Alltag werden sie oft als behinderte Menschen wahrgenommen, im Konzert als Musizierende. Ohne ein „obwohl“ berühren wir das Publikum.

Hans Thiemann

Chorleiter sowie Latein- und Musiklehrer

Hans Thiemann
Hans Thiemann

Musik hat in meinem Leben schon immer eine sehr große Rolle gespielt: Meine Eltern musizieren in einem Tanzorchester, das ich derzeit leite, mein Großvater war Konzertpianist. Ich habe schon früh angefangen zu singen, zunächst im Schulchor, dann in der Johanneskantorei Norderstedt, wo ich auch mit sechzehn Jahren zum ersten Mal einen Chor geleitet habe. Musik selbst gestalten zu können, bereitete mir so sehr Freude, dass ich Lust hatte, diese Tätigkeit zu vertiefen.

Ich bin davon überzeugt, dass man die Aufgaben eines Chorleiters am besten lernt, wenn man selbst in einem Chor singt. Deswegen war ich lange Zeit Mitglied der EuropaChorAkademie und singe heute im Norddeutschen Kammerchor und im Arp-Schnitger-Ensemble an der Hauptkirche St. Jacobi in Hamburg. Beruflich habe ich mich dazu entschieden, Lehrer zu werden. Seit dem Abschluss meines Schulmusikstudiums arbeite ich als Musik- und Lateinlehrer an einem Hamburger Gymnasium, wo ich gemeinsam mit meiner Kollegin Mareike Mall den Schulchor Cantiamo leite, der aus rund achtzig Schülerinnen und Schülern besteht.

Ich liebe die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Dass ich in dieser Tätigkeit auch noch weitere Chöre leiten kann, macht mich umso glücklicher. Gewöhnlich probt man mit dem Schulchor nur für Sommer- und Weihnachtskonzerte. Ich habe zwanzig Jahre lang einen Chor in Kisdorf geleitet und merke jetzt, dass ich die häufigen Proben und Konzerte vermisse. Wenn ich einen Anschluss­chor finden und zu meiner Arbeit als Lehrer ergänzen könnte, wäre das perfekt.

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