Sie ist fabelhaft und ganz und gar perfekt. Und vor allem: Wenn eine Familie sie braucht, kommt sie angeschwebt und hilft. Bis der Wind wieder dreht und sie von dannen weht. Die Rede ist von dem wohl bekanntesten Kindermädchen der Welt: Mary Poppins. Diese zauberhafte Nanny begeistert nicht erst seit dem Disney-Film aus den 1960er-Jahren Kinder und Erwachsene auf der ganzen Welt, denn schließlich sind schon die Originalromane von Pamela Lynwood Travers seit den 1930er-Jahren Bestseller.
Wobei seit dem Film von Robert Stevenson vor allem ein Name mit der Figur verbunden ist: Julie Andrews. Die britische Sängerin und Schauspielerin war ein Kindermädchen par excellence – streng und doch gütig, direkt und doch diplomatisch, eine perfekte Dame und doch zupackend. Gegen dieses Idealbild einer Mary Poppins spielt, singt und tanzt seit 2004 jede Darstellerin im gleichnamigen Musical an.
Mary Poppins schwebt gen Elbe
Dass man sich diese Rolle aber auch fernab der Legende Julie Andrews zu Eigen machen kann, beweist Elisabeth Hübert seit der Stuttgarter Deutschlandpremiere des Musicals im Jahr 2016. Jetzt ist sie als Mary Poppins zusammen mit der Show nach Hamburg umgezogen. Zwar kann sie in den Gesangparts dank ihres konsequenten Beltings, das aufgrund ihres doch recht überschaubaren Stimmvolumens leider oft nervend nasal klingt, Julie Andrews bei Weitem nicht das Wasser reichen, kompensiert diese Schwäche aber mit derart viel Spielfreude und perfekten Tanzeinlagen, dass ihre Mary Poppins mit viel Verve und Detailverliebtheit zu überzeugen weiß.
Besonders charmant ist Elisabeth Hüberts Zusammenspiel mit David Boyd als Schornsteinfeger Bert. Der gebürtige Schotte agiert mit seinem schauspielerischen Können und seinen formvollendeten Tanzfähigkeiten wie eine Reinkarnation von Dick Van Dyke. In perfekter Harmonie wirbeln sie zu den Choreografien von Matthew Bourne mit den Kindern und dem Rest des Ensembles durch Bob Crowleys zauberhafte Klappkartenkulisse und erschaffen so eine anrührende Märchengeschichte, die sich nach und nach von der Filmvorlage zu lösen weiß.
Spektakuläre Szenen
Szenen wie „So ein schöner Tag“ und vor allem „Supercalifragilisticexpialigetisch“ sind ein farbenfrohes Tanzverzückungsspiel und zeigen zugleich, wie anspruchsvoll eine Show, die allein der Unterhaltung dient, gestaltet werden kann. Hier sitzt jede Handbewegung, jeder Schritt. Eine perfekte Bühnenharmonie, die ihren Höhepunkt erreicht, wenn David Boyd als Schornsteinfeger in „Schritt für Schritt“ kopfüber an der Bühnendecke steppt und singt, als würde es kein Morgen geben.
Alles, was Musical imstande ist zu leisten, wird in „Mary Poppins“ auf der Bühne auch gezeigt. Das könnte manchmal fast schon zu viel des Guten sein, wenn es nicht immer auch wieder die kleinen, ruhigen Szenen geben würde, die durch ihre Schlichtheit überzeugen und dem Publikum einen Moment zum Atmen geben, bevor ihm selbiger durch einen neuen spektakulären Effekt wieder geraubt wird. Eine Mischung, die nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene begeistert – der frenetische Applaus, wenn Mary Poppins am Ende durch den Saal von dannen schwebt, beweist es.
Probeneindrücke von „Mary Poppins“ in Hamburg:
Stage Theater an der Elbe
Sherman & Sherman, Stiles & Drewe: Mary Poppins
Mitwirkende: Elisabeth Hübert, David Boyd, Milica Jovanovic, Betty Vermeulen, Christopher Bönecker (musikalische Leitung) u.a.
Weitere Termine: 25.2. (Premiere), täglich außer dienstags