Dem Jazz haftet bis heute eine Sonderstellung in der Musikgeschichte an. Oftmals in die Nähe der europäischen Kunstmusik gerückt oder als das amerikanische Pendant zur Tonkunst Beethovens, Bachs und Co. verstanden, konnte die um das Jahr 1900 in den US-amerikanischen Südstaaten entstandene Musikrichtung doch weder der klassischen Musik noch eindeutig der Popkultur zugerechnet werden. Vielleicht aber ist es neben den zahlreichen Stilformen, den legendären Kompositionen und ebenso schillernden Persönlichkeiten des Jazz gerade diese Sonderstellung, die die große Faszination an dem swingenden Genre seit über einem Jahrhundert ausmacht.
Dass zwischen der klassischen Musik und dem Jazz durchaus Parallelen bestehen ist längst kein Geheimnis mehr, doch wie nahe sich beide in einigen Fällen der Musikgeschichte gekommen sind, ist mehr als verblüffend. Diverse Jazzmusiker wie der amerikanische Saxofonist Joshua Redman behaupten heute gar, dass man ohne Johann Sebastian Bach Jazz überhaupt nicht spielen könne.
Klassik meets Jazz
In der neuen concerti-Reihe Klassik meets Jazz geht es ab sofort um die vielen Begegnungen beider Stilrichtungen, die interessanterweise zunächst von verschiedenen klassischen Komponisten wie Claude Debussy und Igor Strawinsky und später von Paul Whiteman und George Gershwin ausgingen. Wenngleich nämlich die klassischen Meister sich bereits kurz nach dem Aufkommen des Jazz für die neuartige Musik aus dem Süden der USA interessierten, entdeckten die „Jazzer“ ihre Parallelen zur Kunstmusik erst Mitte der 1930er-Jahre.
Bach als Schlüsselfigur
Es waren der Gitarrist Django Reinhard und der Pianist Alec Templeton, die erstmals Kunstmusikanleihen, meist basierend auf der Musik Johann Sebastian Bachs, in ihren Jazzkompositionen verwendeten. Sie vertraten als erste die heute weitverbreitete Meinung, den barocken Generalbass als Vorläufer des markanten „Walking Bass“ im Jazz zu bezeichnen. Parallel dazu entwickelte sich eine Strömungen, die als „Symphonic Jazz“ in die Musikgeschichte einging, gipfelnd in einer besonderen Begegnung beider Gattungen, dem sogenannten „Third Stream“ des Komponisten Gunter Schullers.
In den nächsten Wochen möchten wir Ihnen die spannendsten Crossoverprojekte vorstellen, die künstlerischen und mitunter sogar politisch bewegten Ideologien hinter den Werken beleuchten und die Geschichte nachzeichnen, die beide Genres miteinander bis heute verbindet.