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Herbert Blomstedt: OPUS KLASSIK für sein Lebenswerk

Klangmaler statt Pultdespot

Der schwedische Dirigent Herbert Blomstedt erhält 96-jährig den OPUS KLASSIK für sein Lebenswerk.

vonChristian Schmidt,

Nun ging die Blechschatulle wieder auf: Nach dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern, einer besonderen Stufe des staatstragenden Ordens, hat Herbert Blomstedt für sein Lebenswerk den OPUS KLASSIK erhalten. Nun ja, lässt er wissen, darauf habe man ja zum Glück keinen Einfluss. Man könne nur allen danken und dann schnell vergessen. Preise seien ohnehin nur wichtig für die Öffentlichkeit, nicht für den Künstler selbst. Diese Antwort ist charakteristisch. Denn der Dirigent ist genau das nicht, wofür früher Pultstars standen: egomanisch bis zur Besessenheit, autokratisch bis zur Despotie, schillernd bis zur Zelebrität. „Wenn so ein Preis dazu führt, dass man glaubt, jetzt ein Großer zu sein, ist das schon gefährlich.“

Herbert Blomstedt: „Eine Partitur ist ein fantastisches Objekt, das lebt“

Recht so, denn für wahre Größe braucht dieser Mann mit einer ganzen Bürde von Ehrendirigentenwürden und anderen Honneurs aller Art keine üppigen Galas mit Sektempfang. Seine Konzentration gilt ganz der Musik selbst: Ob Nielsen, Bruckner oder Brahms – sein Schlag birgt oft genug Referenzcharakter. 1927 als Sohn schwedischer Eltern in Amerika geboren, steht Blomstedt seit den fünfziger Jahren ununterbrochen auf der Bühne, war zu tiefsten DDR-Zeiten zehn Jahre Chef bei der Sächsischen Staatskapelle in Dresden, nach der Wende sieben Jahre Gewandhauskapellmeister in Leipzig, hat aber auch auf allen anderen Kontinenten Orchester erzogen und zum Prosperieren gebracht.

So kennt er nahezu alle Klangkörper von Weltbedeutung, aber er kennt vor allem seine Partituren vorwärts und rückwärts. Das mag selbstverständlich für einen Dirigenten klingen, ist es aber leider nicht. „Man muss die Erkenntnis auch emotional darstellen und nicht nur betrachten, denn eine Partitur ist ein fantastisches Objekt, das lebt“, sagt Blomstedt. Wieder und wieder beweist er, dass er es ist, der diese Lebendigkeit erblühen lässt, der das Kunststück vollbringt, aus den Wüsten kleiner schwarzer Notenköpfe philosophisch und kulturhistorisch grundierte Klanggemälde zu erschaffen.

Musikalisch wacher Verstand, feiner Witz und durchdachte Interpretationen

Maestro Blomstedt darf man auch persönlich getrost als Wunder bezeichnen, denn ein 96-Jähriger könnte kaum vitaler sein. Ob es an der gesunden Ernährung ohne Alkohol oder der fast göttlich scheinenden musikalischen Durchdringung liegt: Der alte Schwede mag ein wenig gebückt gehen – seinem wachen musikalischen Verstand, seinem feinen Witz und seiner großartigen Erweckungskraft ebenso glutvoller wie durchdachter Interpretationen tut das keinen Abbruch.

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