Das Jahr ist ein Auf und Ab zwischen Lockerung und Lockdown. Als Österreich im Sommer die Öffnung der Konzertsäle beschloss, haben zwei concerti-Leser sofort die Chance genutzt und ihren Musikhunger im Nachbarland gestillt. Das erste Konzert hat Jörg Thome bereits Anfang Juli besucht. Es war ein Beethoven-Klavierkonzert mit Rudolf Buchbinder und den Wiener Symphonikern im Wiener Konzerthaus. Die Vorfreude und Spannung waren groß. „Das Konzert war musikalisch sehr schön, aber die Stimmung war wegen der geringen Zuschauerzahl verhalten. Richtige Begeisterung gab es erst wieder bei meinem zweiten Konzert mit Beethovens Neunter bei den Salzburger Festspielen Mitte August im Großen Festspielhaus mit über 1.000 Zuschauern.“
Die Unterschiede im Vergleich zu Konzerten in Deutschland waren zwar gering, aber entscheidend, wie Jörg Thome erklärt: „In Österreich gilt für Konzertbesucher ein Mindestabstand von einem Meter. Die Österreicher nannten das den ,Babyelefanten‘. Und ich weiß, dass vor der neunten Sinfonie die Sängerinnen und Sänger mehrfach auf das Coronavirus getestet wurden. Nur deshalb durfte der Chor ohne Mindestabstand auf der Bühne singen.“ Bei den Salzburger Festspielen und im Wiener Konzerthaus habe man bei den geltenden Verordnungen eine optimale Auslastung der Konzertsäle hinbekommen. „Übrigens ohne einen einzigen Coronafall bei den Salzburger Festspielen mit ca. 90 Veranstaltungen“, gibt Jörg Thome zu bedenken. „In Deutschland sehe ich das Überleben von Konzertveranstaltern viel mehr gefährdet mit nur zu einem Viertel gefüllten Konzertsälen.“
Ob für den passionierten Konzertbesucher Live-Streaming eine Alternative darstelle? „Nein, das ist definitiv nur eine Notlösung. Beim Lockdown Mitte März war es für mich unvorstellbar, dass die Konzertsäle und Opernhäuser monatelang für Besucher geschlossen bleiben. Beim Live-Streaming fehlen mir die Konzertatmosphäre und der Austausch mit anderen Besuchern über das Live-Erlebnis.“
„Es war die gleiche Liebe zur Musik spürbar“
Auch Claudia Rasch hat in diesem Jahr sehr viel vermisst. „Wir wollten vieles machen und mussten alles absagen. Mein Mann und ich waren im August in Bregenz, und im Festspielhaus war, wie bei uns ja auch, jede zweite Reihe leer. Aber es war ein ganz tolles Konzert mit dem Sinfonieorchester St. Gallen. Es hat mich richtig begeistert und macht mich neugierig auf kommende Konzerte. Es ist unbeschreiblich, wenn die Musik uns voller Leidenschaft aus der Corona-Lethargie herausholt.“
Abgesehen von den Hygienemaßnahmen habe sie keinen großen Unterschied im Verlgeich zu Zeiten vor der Pandemie festgestellt. „Klar, das Orchester saß weiter auseinander, aber ansonsten war die gleiche Liebe zur Musik spürbar“, erzählt Claudia Rasch. „Und auch das Publikum hat genauso begeistert mitgemacht wie vorher auch.“