Verschlagwortungen können beliebig sein, sie können aber auch tief blicken lassen. Manchmal vermögen sie auch beides. Das Wort „Beziehungen“ hat die Kammerakademie Potsdam für diese Spielzeit als thematischen Überbau auserkoren. Blickt man in den nahen und den nächsten Osten, hat der Begriff eine nachgerade tödliche Brisanz. Blickt man über den Atlantik gen Westen, wird man der Zerbrechlichkeit von innigen Beziehungen wahr. Nun aber zum tiefen Einblick: Antonello Manacorda wird ab Sommer 2025 nicht mehr Chefdirigent der Kammerakademie Potsdam sein, ihm folgt François Leleux. Dann endet eine anderthalb Jahrzehnte währende Ära, die man als Blütezeit bezeichnen muss. Beethoven, Mendelssohn und Schubert wurden als Zyklen eingespielt, es gab gefeierte Tourneen, und dass die internationale A-Riege an Solisten nicht nur im benachbarten Berlin hängenbleibt, sondern in aller Regelmäßigkeit auch Potsdam aufsucht, spricht für sich – auch das muss man im Lichte der „Beziehungen“ auf sich wirken lassen.
Im September kommt nun Cédric Tiberghien in die Nikolaikirche, der schon 2021 einmal zu Gast war. Am Pult steht an diesem Abend Holly Hyun Choe, die in Berlin als Erste Dirigentin des Ensemble Reflektor keine Unbekannte ist und nun ihre Beziehungen nach Potsdam aufbaut. Apropos Beziehungen: Antonello Manacorda wird ab kommendem Sommer Ehrendirigent der Kammerakademie. Manche Bande währen länger, als man denkt.