The same procedure as last year, Miss Sophie?“, fragt Butler James das hochbetagte Geburtstagskind gleich fünf Mal in Freddie Frintons und May Wardens berühmten Sketch „Dinner for One“. Entgegen Miss Sophies Antwort „The same procedure as every year“ können Klassikliebhaber in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein den Jahreswechsel an fünf Spielstätten ganz ohne musikalischen Silvestertrott begehen.
Für groovige Stimmung sorgt in der Elbphilharmonie die in Oper und Musical gleichermaßen versierte Sopranistin Julia Bullock. Begleitet vom NDR Elbphilharmonie Orchester unter der Leitung von Alan Gilbert singt die aufstrebende Amerikanerin bei ihrem Hausdebüt ausgewählte Songs ihrer Landsleute Margaret Bonds und George Gershwin. Auf den Dreivierteltakt im Wiener Gewand muss man an diesen Abenden zwar nicht verzichten, allerdings kommen die Walzer aus Richard Strauss’ Rosenkavalier-Suite und von Maurice Ravel mit einer gehörigen Portion Ironie daher. Den ersten Ausblick auf den Frühling gibt es mit Lili Boulangers „D’un matin de printemps“.
Tanz, Theater und Tanztheater
Freunden des Tanztheaters sei ein Ausflug nach Neustrelitz empfohlen, wo die Deutsche Tanzkompanie anlässlich ihres dreißigjährigen Jubiläums mit einer Neuinszenierung von Carl Orffs „Carmina Burana“ aufwartet. Chefchoreograf Lars Scheibner verbindet in seiner jüngsten Auseinandersetzung mit der szenischen Kantate zeitgenössische und archaische Bewegungsformen. Im Mittelpunkt seiner Adaption steht ein junger Mensch, der auf der Suche nach Erkenntnis ein 25-stufiges Ritual durchlebt und sich dabei, lange Zeit unwissend, in die Schicksalsgöttin Fortuna verliebt.
Knapp zwei Kilometer Wegstrecke trennen den Hamburger Fischmarkt und den Anfang der Elbchaussee, doch zwischen rauer Wasserkante und villengesäumter Allee scheinen Welten zu liegen: Das ideale Setting für Frederick Loewes bissige Charakterkomödie „My Fair Lady“, müssen sich die Verantwortlichen im historischen Engelsaal gedacht haben und verlagerten das erfolgreiche Broadway-Musical von der Themse an die Elbe. An Professor Higgins’ absurder Sprachübung „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blüh’n“ kommt die blumenverkaufende Deern auf ihrem Weg in die ach so feine Gesellschaft aber auch hier nicht vorbei.
Festliche Orgelklänge
Was wäre die Musiklandschaft der reichen Hansestadt ohne ihre Orgeln, mag man sich angesichts der mehr als 300 spielfähigen Exemplare fragen, von denen einige natürlich auch am Altjahresabend erklingen. In St. Jacobi lädt Kantor Gerhard Löffler unter dem Motto „Marsch, Marsch, ins neue Jahr“ zu einem romantisch-französischen und barocken Klangspaziergang an der Arp-Schnitger-Orgel ein. Neben Auszügen aus Sinfonien von Louis Vierne und Charles-Marie Widor erklingen bekannte Werke von Johann Sebastian Bach sowie der festliche „Prince of Denmark’s March“ des Purcell-Zeitgenossen Jeremiah Clarke.
Zwischen Nord- und Ostsee wird das neue Jahr mit Wiener Walzer und dem berüchtigten schwarzhumorigen Schmäh aus der Donaumetropole eingeleitet: Auf seiner Mini-Tournee von Flensburg über Itzehoe bis Brunsbüttel setzt das Schleswig-Holsteinische Landesorchester einerseits auf die eingängig schwungvolle Musik von Joseph Haydn, Johann Strauss und Richard Strauss, anderseits kontrastiert Schauspieler Johannes Terne, langjähriges Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater, das Programm mit satirischen Texten und Chansons wie Georg Kreislers „Tauben vergiften im Park“. Prosit Neujahr!