Bei den Tallis Scholars feiert man, wenn es sich für ein Konzertprogramm anbietet, eher einmal einen Todes- als einen Geburtstag. Das liegt daran, dass die Komponisten, auf die sich dieses wohl wichtigste englische A-cappella-Ensemble spezialisiert hat, derart alt sind, dass oft die Geburtsjahre nur geschätzt werden können – wie jetzt bei William Byrd, dem bedeutendsten Komponisten des Elisabethanischen Zeitalters. Gestorben ist er jedenfalls 1623. Beim Festival Rheinvokal treten The Tallis Scholars nur elf Tage nach Byrds 400. Todestag auf. Natürlich mit einigen seiner Werke auf den Pulten, dazu Musik von Josquin Desprez und Palestrina.
Für die Tallis Scholars ist Byrd sogar ein eher Moderner, das Kernrepertoire der zehn Sängerinnen und Sänger umfasst die Jahre 1450 bis 1600. Einen sehr runden Geburtstag hat das Ensemble selbst: Vor 50 Jahren hatte es Peter Phillips gegründet, noch während seiner Organistenausbildung in Oxford. Phillips’ Ideal ist ein möglichst homogener A-cappella-Klang, also die Verschmelzung aller Stimmen. Die Stimmen, die er dafür braucht, „sollten etwas reifer und Ende zwanzig sein, wenn sie bei uns anfangen“, sagte er im Interview mit concerti. Und wohl mit Blick auf so namhafte Alte-Musik-Solisten wie Michael Chance, Mark Padmore oder John Mark Ainsley, alles ehemalige Scholars: „Keiner darf solistisch herausragen. Wenn jemand auf die Opernbühne will, kann er nicht mehr bei uns bleiben.“