Ludwig von Köchel ist jedem Freund klassischer Musik ein Begriff. Na klar, Mozart und so. KV eben. Bei Otto Erich Deutsch fällt den meisten auch noch der Name Schubert ein (D). Aber wie steht es mit Winton Dean, Alfred Wotquenne oder gar András Szőllősy? Kaum jemand weiß, bei wem es sich um diese Männer handelt und was sie für die Musikgeschichte getan haben. Das gleiche nämlich, was die Kollegen Köchel und Deutsch leisteten: Werkverzeichnisse anlegen, die die Kompositionen in Reih und Glied bringen.
Das ganze passierte in der Regel nach Ableben des Komponisten, wie etwa auch bei Mozart. Ludwig von Köchel durchforschte Bibliotheken, Nachlässe und das Mozarteum in Wien und katalogisierte schließlich in mikroskopischer Kleinstarbeit die 626 Werke des Komponisten. 1862 veröffentlichte er das „Chronologisch-thematische Verzeichniss sämmtlicher Tonwerke Wolfgang Amadeus Mozarts. Nebst Angabe der verloren gegangenen, angefangenen, übertragenen, zweifelhaften und unterschobenen Compositionen desselben“. Köchels Lebenswerk. Mittlerweile ist die achte aktualisierte Auflage erschienen.
Entstehung eines Werkverzeichnisses
Musikforscher haben von jeher zwei Herangehensweisen, die Werke eines Komponisten zu sortieren: Entweder entscheiden sie sich für die chronologische Ordnung – wie bei Mozart oder auch Heinrich Schütz im Schütz-Werke-Verzeichnis (SWV) -, oder sie wählen die thematische Sortierung, wie etwa bei Johann Sebastian Bach im Bachwerkeverzeichnis (BWV), das einzelne Werkgruppen von Kantaten über Kammer- bis hin zur Orchestermusik darstellt, erstmals veröffentlicht 1950 vom Musikwissenschaftler Wolfgang Schmieder.
Auch der niederländische Musikforscher Anthony von Hoboken erstellte in 50 Jahren langer Arbeit sein berühmtes Hoboken-Verzeichnis (Hob.), das das Werk Joseph Haydns systematisch sortiert. Eine rückwirkende chronologische Ordnung herzustellen, ist bei den Werken mancher Komponisten extrem schwierig, da diese zum einen sehr umfassend sind – man denke nur mal an die über 200 Kantaten des Thomaskantors -, zum anderen trugen die Kompositionen vor der Romantik nur selten Opuszahlen, was im Nachhinein eine korrekte, zeitliche Katalogisierung sehr erschwert. Daher macht die Sortierung eines Gesamtwerkes in Gattungsgruppen mitunter durchaus Sinn und wird für diverse Komponisten angewendet, wie beispielsweise auch für Georg Friedrich Händel im Händel-Werke-Verzeichnis (HWV).
Werkverzeichnis oder Opuszahlen?
Einige musikalische Werke werden unter Angabe von Opuszahlen katalogisiert, die der Komponist oder der Verleger der einzelnen Komposition bei Drucklegung zugeordnet hat. So geschehen bei Beethoven, der als einer der ersten Komponisten seine Werke selbst mit Opuszahlen versah. Hier geht es selbstverständlich chronologisch zu, allerdings nicht immer ganz korrekt, da es hin und wieder vorkam, dass Beethoven seine Komposition nicht immer direkt nach Entstehung mit einer Zahl versah – oder auch mal gar nicht, wenn sie ihm denn nicht mehr gefiel.
Eine genaue Datierung wird somit durch die Opuszahl ungefähr, wenn auch nicht zu Hundertprozent gewährleistet. Interessanter Sonderfall bei Beethoven: Die Werke, die der Komponist mit keiner Opuszahl versah, wurden schließlich als „Werke ohne Opuszahl“ (WoO) veröffentlicht. Eine Einteilung, die sich die zwei Musikforscher Georg Kinsky und Hans Halm überlegten.
Noch mehr Werkverzeichnisse
Seit der Romantik nummerierten Komponisten ihre Werke in der Regel selber durch. Da sich aber auch hier immer wieder Lücken auftaten, übernahmen für viele romantische Komponisten nach deren Tod Werkverzeichnisse die Funktion der Ordnung. Bis heute werden diese erstellt: So wurde etwa erst im Jahr 2009 das Mendelssohn-Werke-Verzeichnis (MWV) von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig veröffentlicht.
Und um die anfangs gestellte Frage nun noch zu beantworten: Winton Dean sortierte Georges Bizets Werke (WD), Alfred Wotquenne hat selbiges mit den Kompositionen von Bach-Sohn Carl Philipp Emanuel gemacht (Wq), und András Szőllősy brachte das Werk Béla Bartóks (Sz) in Reih und Glied.