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Zum 100. Todestag von Giacomo Puccini

Auch ein Lebemann stirbt einmal

Sein Leben war beinahe so turbulent wie seine Opern: Heute vor hundert Jahren starb Maestro Giacomo Puccini. Eine Würdigung.

vonAndré Sperber,

„Qui finisce l’opera perché il Maestro è morto.“ – „Hier endet die Oper, weil der Komponist gestorben ist.“ Mit diesen Worten legt Dirigent Arturo Toscanini seinen Taktstock nieder und bricht die Uraufführung von Giacomo Puccinis „Turandot“ mitten im dritten Akt ab. Der schwarze Vorhang senkt sich, bebendes Schweigen herrscht auf den vollbesetzten Rängen der Mailänder Scala. „Viva Puccini!“, tönt es plötzlich aus den Tiefen des Saals. Der Beifallssturm bricht los.  

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Der große Komponist hatte seine „Turandot“ nicht mehr vollenden können, bevor er am Vormittag des 29. November 1924 infolge eines bösartigen Kehlkopftumors starb. Zu jener Zeit befand er sich gerade in einer Brüsseler Klinik zur Behandlung. Die heikle Rachenoperation hatte er überstanden, sein Arzt stellte eine baldige Genesung in Aussicht. Doch kurz darauf erlag der 65-Jährige einem Herzanfall. 

Die Nachricht seines Todes verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Italienische Flaggen säumen Brüssels Straßen. Im Italienischen Parlament hält man eine Schweigeminute ab, die Mailänder Scala bleibt an diesem Abend geschlossen. Wenige Tage später, am 3. Dezember, findet im Mailänder Dom die offizielle Trauerfeier statt. Der Kardinal-Erzbischof selbst zelebriert die Totenmesse, Toscanini dirigiert das Requiem aus Puccinis Frühopernwerk „Edgar“, Benito Mussolini hält die Trauerrede. Die Häuser der Stadt tragen Trauerflor, trotz strömenden Regens geben Tausende Menschen dem Maestro das letzte Geleit.

Wilde Vögel, Opernlibretti und schöne Frauen

Die Musikwelt verehrt – damals wie heute – einen Komponisten, der den großen prunkvollen Opernschatz um ganz besonders funkelnde Juwelen bereichert hat. Ob in „La Bohème“, „Tosca“ oder „Madama Butterfly“, Puccini malt seine Musik mit einzigartigen Farben. Und obwohl man ihn zunächst als Verdi-Epigonen belächelte (Tucholsky nannte ihn den „Verdi des kleinen Mannes“) und ihm später einen Hang zum Kitsch vorwarf, traf Puccinis Musik schon immer direkt ins Herz. Nicht zufällig gehören seine tragischen Heldinnen Mimì, Floria Tosca, Cio-Cio San und Co. bis heute zu den spektakulärsten und berühmtesten Partien, „O mio babbino caro“ („Gianni Schicchi“) und „Nessun dorma“ („Turandot“) zählen zu den populärsten und beliebtesten Opernarien überhaupt.

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Beinahe so turbulent wie seine Opern war auch Puccinis Leben. Als Spross einer traditionsreichen Komponistenfamilie war ihm der musikalische Weg vorbestimmt. Als man dem jungen Giacomo den Posten des städtischen Organisten und Kapellmeisters seiner toskanischen Geburtsstadt Lucca zusicherte, war er gerade einmal fünf Jahre alt. Seine 57 Orgelkompositionen, die zwischen dem 12. und 21. Lebensjahr entstanden, sind heute Zeugnis einer weniger bekannte Seite des Opernmeisters. 

Tabak, Frauen, schnelle Autos – Puccinis Leidenschaften gingen weit über das Musikalische hinaus
Tabak, Frauen, schnelle Autos – Puccinis Leidenschaften gingen weit über das Musikalische hinaus

Doch nicht nur die Musik entfachte seine Leidenschaft. Da war zum Beispiel seine Vorliebe für schnelle Vehikel. Sein Motorboot taufte er Cio-Cio San, nach einem Unfall mit seinem Lancia saß er wochenlang im Rollstuhl. Er war auch dem Tabak verfallen. Nur selten sah man ihn ohne Glimmstängel, die ihm letztlich auch zum Verhängnis wurden. Und er ging gerne jagen. Wilde Vögel, Opernlibretti und schöne Frauen: So hat er einmal sein Beuteschema definiert.

Gefährliche Liebeschaften

Der Italiener ließ wahrlich nichts anbrennen. Niemand konnte ihn von seinen zahlreichen Affären fernhalten, auch nicht seine krankhaft eifersüchtige Gattin Elvira, mit der er eine toxische Ehe führte. Endgültig lossagen vom jeweils anderen konnte sich jedoch keiner von beiden. Alma Mahler-Werfel, selbst erfahren in lebhaften Liebesangelegenheiten, beschrieb Puccini als einen der schönsten Menschen, die sie je gesehen habe: „Er war ein Don Juan, und Weiber zerrissen sich seinetwegen.“

Dramatischer wie tragischer Gipfel seiner Liebeleien war der Suizid des Pflegemädchens Doria Manfredi, die von Puccinis Ehefrau öffentlich wegen ihrer vermeintlich sexuellen Beziehung zu Puccini beschuldigt und verleumdet wurde. Manfredi beteuerte bis zum Schluss ihre Unschuld, zerbrach jedoch an den Anschuldigungen und vergiftete sich mit Quecksilberchlorid. Es liegt nahe, dass Giacomo Puccini ihr mit der ergreifenden Sterbeszene der Liù, die sich in der Oper „Turandot“ vor aller Augen für ihren geliebten Prinzen selbst tötet, ein Denkmal setzte. Es war die letzte Szene, die der Maestro zeitlebens vollenden konnte. Danach starb er. Viva Puccini!











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