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Zum Tod von Maurizio Pollini

Mehr als nur Chopin

Der italienische Jahrhundert-Pianist Maurizio Pollini ist am Samstag im Alter von 82 Jahren gestorben.

vonJan-Hendrik Maier,

Intensiv und zupackend, virtuos und brillant, stets formbewusst und ohne jegliche Effekthascherei, mit analytischer Klarheit – das sind nur einige Zuschreibungen, mit denen das Spiel von Maurizio Pollini über die Jahrzehnte in der Fachwelt charakterisiert wurde. Am Samstag ist der bedeutende italienische Pianist im Alter von 82 Jahren verstorben. Seine Aufnahmen, allen voran die Einspielung sämtlicher Werke Frédéric Chopins in den 1970er-Jahren, wurden zu Marksteinen für seine und nachfolgende Pianisten-Generationen.

Maurizio Pollini war zeitlebens ein Advokat der Moderne

„Dieser Junge spielt besser Klavier als jeder von uns“, sagte Arthur Rubinstein 1960 über ihn. Da hatte dieser mit gerade mal achtzehn Jahren den renommierten Chopin-Wettbewerb in Warschau gewonnen. Mit dem etablierten Repertoire, das neben Schubert, Schumann und Beethoven auch die Klassiker der Moderne, von Debussy über Webern bis Strawinsky, umfasste, wollte sich Pollini jedoch nie zufriedengeben. Er ging auf zeitgenössische Komponisten wie Luigi Nono, Salvatore Sciarrino, Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez zu, bewegte manchen sogar überhaupt dazu, sich mit dem Klavier zu beschäftigen. Auch für Arnold Schönberg brach er eine Lanze und ging mit dessen Stücken anlässlich seines 100. Geburtstags auf Tournee.

Allein 168 Auftritte in der Mailänder Scala

Eine enge künstlerische und persönliche Freundschaft unterhielt er seit den 1960er-Jahren mit seinem Landsmann Claudio Abbado. Fast alle großen Solokonzerte haben die beiden gemeinsam eingespielt. Darüber hinaus teilten sie politische Ansichten und trugen diese nach außen, verlasen etwa vor einem Konzert Statements gegen den Vietnamkrieg und traten in Fabriken und Sportzentren auf. Auch im fortgeschrittenen Alter scheute sich der Italiener nicht davor, höchst fordernde Gipfelwerke auf die Bühne zu bringen, zum Beispiel Bachs „Wohltemperiertes Klavier“ oder die letzten drei Beethoven-Sonaten. 168-mal trat er überdies im legendären Teatro alla Scala seiner Geburtsstadt Mailand auf.

Aus einer Umfrage unter Kritikern ging er bereits 1976 als „bester Pianist der Welt“ hervor. Weitere bedeutende Auszeichnungen, darunter der Ernst von Siemens-Musikpreis und der Echo Klassik für sein Lebenswerk folgten. Nachzuhören ist sein Schaffen auf mehr als fünfzig Alben. Mit Maurizio Pollini hat ein Grandseigneur des 20. Jahrhunderts die irdische Bühne verlassen.

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