Als Giacomo Puccini nach langanhaltenden Halsschmerzen im Herbst 1924 die Diagnose Kehlkopfkrebs bekam, war es eigentlich schon zu spät. Trotz einer Übersiedlung nach Brüssel, wo er sich einer schmerzhaften Behandlung mit Radium unterzog, erlag der passionierte Raucher am 29. November des gleichen Jahres einem Herzversagen. Mit ihm starb auch das Finale seiner letzten großen Oper „Turandot“. Bis dahin hatte der Komponist unermüdlich an ihrer Fertigstellung gearbeitet, doch während ihm die ersten Akte leicht von der Hand gingen, stellte ihn das finale Liebesduett, in dem sich die kaltherzige Prinzessin Turandot endgültig in eine Liebende verwandelt, vor eine unüberwindbare Schreibkrise.
Am Ende kann Turandot nicht widerstehen
Vier Jahre vor seinem Tod hatte sich Puccini mit dem Librettisten Giuseppe Adami dazu entschieden, Carlo Gozzis Theaterstück „Turandot“ von 1762 zu vertonen. Die Erzählung geht auf „Die sieben Schönheiten“ aus der orientalischen Sammlung „Tausendundein Tag“ zurück. Darin stellt die ihre Freiheit liebende chinesische Prinzessin Turandot jedem, der um ihre Hand anhält, drei Rätselfragen. Wer die Antworten nicht kennt, verliert seinen Kopf. Auch Calàf, der Sohn eines flüchtigen Tatarenkönigs, verliebt sich augenblicklich in Prinzessin Turandot und stellt sich der Fragerunde. Sein Vater und Liù, dessen Sklavin, flehen ihn an, es nicht zu tun. Liù gesteht ihm außerdem ihre Liebe.
Zum Entsetzen der Prinzessin weiß Calàf die Antwort auf alle drei Fragen. Obwohl er ihr jetzt versprochen ist, bietet Calàf ihr an, sie freizugeben, wenn sie bis zum nächsten Morgen errät, wie er heißt. In der gleichen Nacht ordnet die Prinzessin an, dass niemand schlafen dürfe, bis das Geheimnis des Namens gelüftet ist. Liù wird zu Turandot gebracht, doch statt ihren Geliebten zu verraten, ersticht sie sich mit einem Dolch. Erschüttert von diesem Ereignis gibt Calàf seine Identität preis. Mit einem leidenschaftlichen Kuss bricht er den letzten Widerstand der Prinzessin.
Puccinis Schaffen endet mit Liùs Tod
Puccini war zwar von Beginn an fasziniert von der Figur der Turandot, schuf mit der Rolle der Liù aber eine nahbare und warmherzige Gegenspielerin, die in der ursprünglichen Erzählung nicht vorkam. Mit ihrem Tod endet auch Puccinis kompositorische Tätigkeit an der Oper. Die von ihm ersehnte finale Liebesszene wurde schließlich von Franco Alfano vertont. Arturo Toscanini, der im April 1926 die Uraufführung in Mailand leitete, legte nach Liùs Tod den Taktstock nieder und wandte sich mit den Worten „Hier endet das Werk des Meisters. Danach starb er.“ an das Publikum, das in ohrenbetäubenden Jubel ausgebrochen sein soll. Alfanos Finale wurde erst bei der zweiten Aufführung gespielt und da auch nur in einer von Toscanini gekürzten Fassung. 2002 wagte sich auch Luciano Berio an einen alternativen Schluss.
Puccini konnte seine Oper zwar nicht beenden, dennoch hat er unvergessliche Arien geschrieben, darunter „Nessun dorma“, „Tu che di gel sei cinta“ und „In questa reggia“.
Die wichtigsten Fakten zu Puccinis Turandot
Oper in drei Akten
Uraufführung: 25. April 1926, Scala Mailand
Spieldauer: ca. 2:30h
Personen
- Turandot, Chinesische Prinzessin (Sopran)
- Altoum, Kaiser von China (Tenor)
- Timur, entthronter Tatarenkönig (Bass)
- Calàf, sein Sohn, Prinz (Tenor)
- Liù, Sklavin (Sopran)
- Ping, Kanzler (Bariton)
- Pang, Marschall (Tenor)
- Pong, Küchenmeister (Tenor)
- Ein Mandarin (Bariton)
- Prinz von Persien (Tenor)
- Henker (stumme Rolle)
- Wachen, Gehilfen des Henkers, Knaben, Priester, Mandarine, die acht Weisen, Kammerfrauen, Diener, Soldaten, die Menge etc. (Chor)