Ein Libretto mit alttestamentarischem Sujet war Verdis Rettung. Seine zwei Kinder starben kurz nach der Geburt, dann verlor der Komponist auch noch wenig später seine Ehefrau. Obendrein sorgte eine chronische Erfolglosigkeit für Existenznöte und veranlassten das einstige Wunderkind zur Aufgabe seines Berufs. Ein „27-jähriger Selbstmordkandidat“ sei Giuseppe Verdi zu diesem Zeitpunkt gewesen – so beschreibt es Mathias Husmann in seinen „Präludien fürs Publikum“.
Verdi: Nabucco
Doch das Textbuch über den babylonischen König Nebukadnezar, das Bartolomeo Merelli, der Direktor der Mailänder Scala, dem Komponisten 1842 in die Tasche steckte, fesselte Verdi, der sofort mit der Komposition von „Nabucco“ begann, wenn auch bedingt optimistisch: „Einen Tag ein Vers, am anderen Tag einen anderen Vers, einmal eine Note, ein andermal eine Phrase“ – aus Verdis Notiz zum Kompositionsprozess lässt sich nicht gerade Begeisterung herauslesen.
Ein voller Erfolg
Womöglich saß damals einfach noch der Entschluss, keine Note mehr schreiben zu wollen, zu tief, als dass er seine Leidenschaft entsprechend hätte artikulieren können, denn die muss ganz offensichtlich vorhanden gewesen sein: Gerade mal ein Jahr reichte aus, um den Vierakter fertigzustellen, dessen Uraufführung an der Scala sich als so außerordentlicher wie unverhoffter Erfolg entpuppte – für Verdi auch in privater Hinsicht: Giuseppina Strepponi, die zur Uraufführung die Partie der Abigaille sang, wurde später die zweite Ehefrau des Komponisten.
Die wichtigsten Fakten zu Giuseppe Verdis „Nabucco“:
Akte
- Akt: Gerusalemme – Jerusalem
- Akt: L’Empio – Der Frevler
- Akt: La profezia – Die Weissagung
- Akt: L’idolo infranto – Das zerbrochene Götzenbild
Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Cimbasso, Pauken, Schlagzeug und Streichinstrumente
Spieldauer: 2 ¼ Stunden
Die Uraufführung fand am 9. März 1842 im Teatro alla Scala in Mailand statt.
Referenzeinspielung
Verdi: Nabucco
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin, Guiseppe Sinopoli (Leitung)
Mitwirkende: Piero Cappuccilli, Plácido Domingo, Evgeny Nesterenko u.a.
Deutsche Grammophon
Der Pawlow-Reflex, Verdi-Opern immer mit dionysischer Süffigkeit und verklärter Italianità zum Klingen zu bringen, wurde mit dieser Aufnahme der Deutschen Oper Berlin ganz wundervoll durchbrochen. Mit geradezu apollinischer Disziplin betreibt Giuseppe Sinopoli in der Einspielung von 1983 Partitur-Exegese und breitet gleichzeitig das Tableau an kriegerischen, leidenschaftlichen, melancholischen oder auch introvertieren Stimmungen, die Verdi so farbenreich auskomponiert hat, genüsslich aus. Für sich allein ist eine solche Lesart zwar löblich, doch verlangt sie ein außerordentliches Sängerensemble ab. Das stand mit Piero Cappuccilli, Plácido Domingo, Evgeny Neseterenko und Ghena Dimitrova dem Dirigenten glücklicherweise zur Verfügung.