„Weia! Waga! Woge, du Welle! Walle zur Wiege! Wagalaweia! Wallala weiala weia!“ Was wie ein dadaistisches Gedicht à la Hugo Ball anmutet, ist der Beginn zu „Das Rheingold“, dem ersten Teil der Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“. Mit dem bekannten Es-Dur-Akkord, der aus der Tiefe aufsteigend die wogenden Rheinwellen heraufbeschwört, beginnt der Vorabend des Bühnenfestspiels. In den Fluten tümmeln sich lasziv die drei Rheintöchter und bewachen den Goldschatz. Wie waren noch gleich ihre Namen? Wellgunde, Woglinde und Flosshilde! „Heia! Heia! Haha!“
Doch zum Lachen ist den drei Damen im weiteren Verlauf dann gar nicht mehr zumute, und das große Drama und die Kontroversen um Macht und Liebe nehmen ihren Anfang. Der frustrierte Nibelung Alberich, der doch einfach nur ein wenig erotische Zuneigung will, ist so erzürnt über den Spott der drei reizenden Wassernixen, dass er das Rheingold raubt und – da ihn ja sowieso keine begehrt – die Liebe verflucht, denn nur so kann er aus dem Gold den endlose Macht versprechenden Ring schmieden. So weit, so gut. Oder auch nicht gut, denn das Unheil nimmt seinen Lauf.
„Das Rheingold“: Der verfluchte Ring zeigt seine Wirkung
Währenddessen haben die beiden Riesen Fasolt und Fafner auftragsgemäß die Burg der Götter fertig gebaut. Da Göttervater Wotan sich finanziell verhoben hat, bietet er den Brüdern als Pfand die attraktive Göttin Freia, von deren Geheimnis der ewigen Jugend sie sich Unsterblichkeit versprechen. Daraus wird allerdings nichts, denn am Schluss erschlägt Fafner den Fasolt. Warum? Weil sie von Wotan, der in der Zwischenzeit Alberich den verfluchten Ring mit List und Tücke entwendet hat – „Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge, und wer ihn nicht hat, den nage der Neid.“ – diesen im Tausch mit Freia ausgehändigt bekommen haben. Der Fluch zeigt also erstmals seine Wirkung.
Der Vorabend zum dreiteiligen Bühnenfestspiel nimmt hier sein Ende, die Götter schreiten über die Leiche des Riesen in ihre abbezahlte Burg und dem Zuschauer stellen sich drängende Fragen – wie in jeder guten Serie: Wie geht es weiter? Hat Wotan einen Plan? Wer wird das Spiel um Macht, Liebe und Habgier gewinnen? Da hilft es nur, die nächsten 14 Stunden von Wagners „Ring“ zu verfolgen, um zu erfahren, wie das desaströse Drama um Götter, Zwerge, Nixen und Riesen endet.
Dramatiker und Komponist in Personalunion
Richard Wagners gewaltiger Opernzyklus entstand in einem Zeitraum von über 30 Jahren. Die altgermanische Mythologie war sein Steckenpferd und liebster Studiengegenstand, dem er mit dem „Ring“ ein gewaltiges Denkmal setzte. Seine Dimension überschritt alles bisher Dagewesene erheblich. Die vollständige Ring-Dichtung fertigte der Komponist bis 1852 im Züricher Exil an.
Die Komposition zu „Das Rheingold“ war bereits zwei Jahre später fertig gestellt, doch erst 22 Jahre später galt die Komposition des gesamten „Ring des Nibelungen“ als abgeschlossen. „Mit meiner Konzeption trete ich gänzlich aus allem Bezug zu unserem heutigen Theater und Publikum heraus, breche für immer mit der formellen Gegenwart.“ Wagner hat gehalten, was er versprochen hat.
Die wichtigsten Fakten zu Richard Wagners „Das Rheingold“:
Die Uraufführung fand am 22. September 1869 im Königlichen Hof- und Nationaltheater München unter der Leitung von Franz Wüllner und gegen den Willen Wagners statt, da dieser das „Rheingold“ lieber zur Eröffnung der ersten Bayreuther Festspiele im Rahmen des gesamten „Rings“ uraufführen wollte. Die Festspiele wurden schließlich am 13. August 1876 mit dem „Rheingold“ unter Leitung von Hans Richter erstmals eröffnet.
Orchesterbesetzung: 3 Flöten, 1 Piccoloflöte, 3 Oboen, 1 Englischhorn, 3 Klarinetten, 1 Bassklarinette, 3 Fagotte, 8 Hörner (davon 2 Tenor-Wagnertuben und 2 Bass-Wagnertuben), 3 Triangeln, 3 Posaunen, 1 Bassposaune,1 Kontrabasstuba, 2 Paar Pauken, 1 Triangel, 1 Becken, 1 Großtrommel, 1 Tamtam, 6 Harfen, 16 Erste Geigen, 16 Zweite Geigen, 12 Bratschen, 12 Violoncelli, 8 Kontrabässe, 16 Ambosse
Spieldauer: Ca. 2 ½ Stunden
Referenzeinspielung
Die Einspielung des „Rheingold” mit Hans Swarowsky stammt aus dem Jahr 1968. Sie besticht durch ein klares und plastisches Dirigat von Hans Swarowsky. Hervorzuheben ist neben dem hauptsächlich deutschen und österreichischen Sänger-Ensemble die tschechische Sängerin Nadezda Kniplova, die im Jahr zuvor von Herbert von Karajan entdeckt wurde und bis in die 80er Jahre eine bemerkenswerte internationale Karriere anstrebte.
Wagner: „Das Rheingold“
Prague Philharmonic, Hans Swarowsky (Leitung)
Mit: Rolf Polke, Rudolf Knoll, Nadezda Kniplova, Fritz Uhl, Gerald McKey u.a.